Ramón Reichert
ifk Research Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2008 bis 31. Januar 2009

Medienkulturen des Wissens



PROJEKTBESCHREIBUNG

Seit seinen Anfängen hat der Film eine visuelle Kultur etabliert, die mediale Technologien, Wissenspraktiken und Prozeduren der Macht überlagert. Um die Jahrhundertwende wurde zu Zwecken der Beobachtung, Aufzeichnung, Demonstration, Instruktion und Optimierung menschlicher Tätigkeiten ein Arsenal technischer Medien eingesetzt - darunter auch die Kinematographie. Der Gebrauchsfilm formierte eine zeitbasierte Wahrnehmungsanordnung, in deren Kontext Subjekte vermessen, diszipliniert, motiviert, ertüchtigt, adressiert, normalisiert wurden. Er kann als Testsituation für eine sich wandelnde visuelle Medienkultur verstanden werden. Ramón Reichert untersucht in seinem Forschungsprojekt die Prozesse der Medialisierung wissenschaftlichen Wissens, die Medienumbrüche und die Forschungs- und Popularisierungsstrategien, die sich im Umfeld des wissenschaftlichen Gebrauchs von Film und Video herausgebildet haben. Seine Hauptthese lautet, dass sich populäre Filmstile und wissenschaftliches Wissen wechselseitig bedingen und gemeinsam einen relationalen Möglichkeitsraum bilden. In diesem Raum wirken sie wechselseitig aufeinander ein und eröffnen transitorische Bezugsverhältnisse gemischter Wissenspraktiken: Die Steigerung des Schauwerts, die Blickführung, die Dramatisierung der Handlung, die Herstellung von Aufmerksamkeit, die fiktionalisierende Konstruktion von entscheidungsgeladenen Situationen oder die emotionalisierende Wirkung der Einstellungsgrößen transformieren experimentelles Wissen in (inter-)mediales Wissen.



CV

Ramón Reichert ist Assistent am Institut für Medien/Medientheorie der Kunstuniversität Linz, Key Researcher am Institut Europäische Geschichte und Öffentlichkeit der Ludwig Boltzmann Gesellschaft, Wien, Kurator des Siemens Arts Program und Lektor an der Universität Mozarteum, Salzburg.



Publikationen

(u. a.): Amateure im Netz. Selbstmanagement und Wissenstechnik im Web 2.0, Bielefeld 2008; Im Kino der Humanwissenschaften. Studien zur Medialisierung wissenschaftlichen Wissens, Bielefeld 2007; gem. mit Karin Bruns (Hg.), Reader Neue Medien. Texte zur digitalen Kultur und Kommunikation, Bielefeld 2006; (Hg.), Kulturfilm im "Dritten Reich", Wien 2005; Governmentality Studies. Analysen liberal-demokratischer Gesellschaften im Anschluss an Michel Foucault, Hamburg 2004; Die Konstitution der sozialen Welt. Zur Epistemologie und Erkenntniskritik der Human-, Sozial- und Kulturwissenschaften, Frankfurt/Main/New York 2003; Der Diskurs der Seuche. Sozialpathologien 1700-1900, München 1997.