09/21 - 03/22: Viadrina Center B/Orders in Motion, Frankfurt/Oder
Grenz- und Raumrepräsentationen im österreichischen öffentlichen Diskurs über Asyl und in Narrativen von Geflüchteten
In diesem Projekt wird die Konstruktion von Räumen und Grenzen in öffentlichen Diskursen über Flucht und Asyl in Österreich sowie in Narrativen von Geflüchteten untersucht. Die interdisziplinäre Arbeit verknüpft dabei Erkenntnisse aus der Raum- und Grenzforschung und der kritischen Migrationsforschung mit kritisch-soziolinguistischen und linguistisch-erzähltheoretischen Ansätzen. Empirisch wurde auf multiperspektivische Verfahren zurückgegriffen, welche (1) Mediendiskursanalysen, (2) ein ethnografisches Vorgehen (Untersuchung einer Grundversorgungseinrichtung) sowie (3) Fotobefragungen und Interviews mit BewohnerInnen (AsylwerberInnen) sowie SozialarbeiterInnen umfassen. Bisherige Ergebnisse zeigen unter anderem multiple Grenzerfahrungen von AsylwerberInnen, die von physisch-geopolitischen Grenzen über eine komplexe Infrastruktur der Grenzregime während der Flucht bis hin zu symbolischen Grenzerfahrungen während des laufenden Asylverfahrens in Österreich reichen.
Sabine Lehner hat angewandte Sprachwissenschaft in Wien studiert und schreibt ihre Dissertation über Grenz- und Raumrepräsentationen in österreichischen Mediendiskursen und in Narrativen von Geflüchteten. Sie war am Institut für Sprachwissenschaft in verschiedenen Projekten tätig (u. a. FWF, ÖAW-DOC), ist kooptierte Beirätin von VERBAL (dem österreichischen Verband für Angewandte Linguistik) und assoziiertes Mitglied des Viadrina Center B/ORDERS IN MOTION der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder). Zu ihren Forschungsinteressen und Schwerpunkten zählen u. a. Sprachideologien, Diskursanalyse, Grenzforschung, Sprache und Raum, Ethnografie, Mehrsprachigkeit, Flucht und Asyl.
gem. mit Rudolf de Cillia, Ruth Wodak, Markus Rheindorf, Österreichische Identitäten im Wandel. Empirische Untersuchungen zu ihrer diskursiven Konstruktion 1995–2015, Wiesbaden 2020; „Ungewissheit während des Asylverfahrens. Agencykonstruktionen zwischen struktureller Verunsicherung und subjektiver Wahrheit“, in: Wiener Linguistische Gazette 85, 2020, S. 1–31; „The Discursive Construction of (In)Credibility. Language Ideologies and Intertextuality in Austrian Asylum Procedures“, in: Iman M. Nick (Hg.), Immigrants, Refugees, Asylum-Seekers, and Forensic Linguistics, Wilmington, Delaware 2018, S. 95–120.
In Interviews kann es – wie auch in anderen Gesprächsformen – zu Missverständnissen oder unangenehmen Momenten kommen, die in späteren Auswertungsprozessen oft ausgelassen werden. Sabine Lehner geht der unbequemen Auseinandersetzung mit diesen Irritationen nach und zeigt das Erkenntnispotenzial der Beschäftigung mit dem vermeintlichen Scheitern.