Saskia Haag
ifk Junior Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2004 bis 30. Juni 2005

Riehls "ganzes Haus", Stifters Lauben und Hütten – Diskurse um das Haus in Texten des 19. Jahrhunderts



PROJEKTBESCHREIBUNG

1854 hält der Kulturhistoriker Wilhelm Heinrich Riehl der zunehmenden Zergliederung der Gesellschaft emphatisch die Idee des "ganzen Hauses" entgegen, zu derselben Zeit erfreuen sich Hausbücher und Familienzeitschriften größter Beliebtheit, im juristisch-philosophischen Bereich wird das Haus als exterritoriales Asyl reflektiert, und Adalbert Stifter erzählt von Häusern und hausähnlichen Räumen in auffälliger Permanenz.

In all diesen Phänomenen manifestiert sich das epochenspezifische Paradigma des Hauses. Es organisiert den pädagogischen und den ästhetischen Diskurs ebenso wie den ökonomischen und den politischen. Das Haus läßt sich in seiner materiellen und symbolischen Gestalt als eine zentrale Ordnungsform begreifen, an der die in mehreren Bereichen der Gesellschaft wahrgenommenen Veränderungen sinnfällig ausformuliert werden. Ist von dem Haus die Rede, so werden stets Konzepte von Staat, Genealogie, Geschichte, Wirtschaft oder Privatheit mitverhandelt.

Aufgabe dieses Projektes ist es, das dem 19. Jahrhundert eigene Paradigma des Hauses in seinen unterschiedlichen diskursiven Konstellationen zu beschreiben und damit auch dem Schlagwort der "biedermeierlichen Häuslichkeit" auf den Grund zu gehen. Denn es ist ein Phantasma des hierarchisch gegliederten "ganzen Hauses", aus dem sich Literatur- und Kulturgeschichte speist – in einem Zeitalter, in dem die entsprechende Lebensform realiter zunehmend in eine Krise gerät.



CV

Mag. phil., Studium der Germanistik und Kunstgeschichte an den Universitäten Wien, Salzburg und Paris



Publikationen

Stifters "Dichtung des Plunders", in: sinn-haft nr. 17 (2004), S. 59–64; Die verlorene Unschuld. Präservative Vorkehrungen des Mädchenratgebers, in: Neue Rundschau 4/2003, S. 67–77