09/21 - 12/21: University of Urbino Carlo Bo
12/21 - 09/22: University of Illinois
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Von Mägden, Mächten und Moral. Formen und Fiktionen im Dienstmägdediskurs (1500–1810)
Das Projekt untersucht, ausgehend von spätmittelalterlichen und reformatorischen Wortmeldungen zu Gesinde, wie sich einerseits ein Diskurs über Mägde etablierte und welche Brüche sich andererseits innerhalb seiner Wandlung zu einer monogeschlechtlichen Redeweise vollzogen. Dabei soll sich das Reden als Nebenschauplatz der Querelle des femmes erweisen. Vorwiegend an der Ehefähigkeit junger, fremder Frauen interessiert, positionierte der Diskurs Mägde als das Andere herrschaftlicher Frauen, und sie werden als Baustein zu umfassenden Weiblichkeitsdefinitionen genutzt. Als Kollektivsymbol verstanden, waren Mägde Projektionsflächen, über die gesellschaftliche Probleme aufgefunden, betrachtet und in Lösungen überführt werden konnten. Die Texte suchten nach und gaben Antworten auf Armutsproblematiken, Migration und Ehehemmnisse. Die Arbeit möchte die Vielstimmigkeit der Quellen nicht zugunsten einer stringenten Entwicklung verdichten, sondern die Variabilität, das Vor und Zurück sowie die Widersprüche von Wissen selbst augenscheinlich und zum Thema machen. Ziel soll es sein, den Verhandlungsraum und die Brüchigkeit normativer Zuschreibungen aufzuzeigen.
Tim Rütten studierte Deutsche Philologie, Geschichte und Philosophie in Köln und Paris. Nach Abschluss des Magisterstudiums arbeitete er von 2015 bis 2020 am Institut für Geschichte an der Universität Wien mit dem Schwerpunkt Frauen- und Geschlechtergeschichte der Neuzeit als Prädoc. In seinem Dissertationsprojekt Von Mägden, Mächten und Moral – Formen und Fiktionen im Dienstmägdediskurs untersucht er mithilfe einer intersektionalen Diskursanalyse, wie Gesellschaften einerseits mit ledigen Frauen und andererseits mit Fremden umgingen. Seine Forschungsinteressen liegen zudem in der Geschichte der Emotionen, der Geschlechterverhältnisse des 19. Jahrhunderts und der Wissenschaftsgeschichte.
gem. mit Jessica Richter, „,[S]ie war männersüchtig, vergnügungssüchtig, unrein, faul ‚bis zum Exceß‘ […].’ Wandel und Kontinuität im häuslichen Dienst im 19. Jahrhundert“, in: Elisabeth Loinig, Oliver Kühschelm, Willibald Rosner, Stefan Eminger (Hg.), Niederösterreich im 19. Jahrhundert 2, [im Erscheinen 2020]; gem. mit Theresa Adamski, Doreen Blake, Veronika Duma, Veronika Helfert, Michaela Neuwirth, Waltraud Schütz (Hg.), Geschlechtergeschichten vom Genuss. Zum 60. Geburtstag von Gabriella Hauch, Wien 2019; „Wahnsinn aus Heimweh im langen 19. Jahrhundert. Dienstmägde zwischen Normalisierung, Disziplinierung und Delinquenz“, in: Alexia Bumbaris, Veronika Helfert, Jessica Richter, Brigitte Semanek, Karolina Sigmund (Hg.), Frauen- und Geschlechtergeschichte un/diszipliniert?, Aktuelle Beiträge aus der jungen Forschung (= Studien zur Frauen- und Geschlechtergeschichte 11), Linz 2016.
„Querelle des femmes!“ Ein Schlagwort mit bedeutungsvollem Klang. Der Streit um die Frauen. Ein Streit der Geschlechter. Ein gelehrter, europäischer Debattenkomplex, der sich jahrhundertelang um das Wesen des Geschlechterstreits drehte. Was zum Teufel wollen da die Mägde?