Filmmusik zur Ideologievermittlung der Wien-Film 1938–1945. Schleier über ihren Augen und Ohren
Die Wien-Film fungierte als eines der großen Unternehmen der nationalsozialistischen Filmproduktion. Da der Schwerpunkt vor allem auf Filme mit unpolitischem Charakter gelegt wurde, genoss das Studio einen Ruf, der eine Unterscheidung von der sonstigen Filmindustrie im »Dritten Reich« ermöglichte. Jedoch war es genau jener scheinbar leichte Kontext der Filmproduktionen, der eng über bestehende, wenn auch subtile Botschaften mit dem Publikum verflochten war. Die auf den ersten Blick unbeschwert anmutenden Filme streuten eine Ideologie, die umso wirksamer war, als das nationalsozialistische Dogma verschleiert oder ideologisch nicht ausgesprochen wurde. Das Forschungsziel besteht darin, den Workflow der Kompositionen und die Manipulationsstrategien der Filmmusik in der nationalsozialistischen Filmindustrie nachzuvollziehen. Dieses Dissertationsprojekt basiert auf dem FWF-finanzierten Projekt »Die Wien-Film. Eine Umfassende Analyse des Filmstudios 1938–1945« (Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Stefan Schmidl, 2018–2021) und befasst sich mit den Produktionen der Wien-Film, mit der Analyse dieser Filme und einer entsprechenden notwendigen Kontextualisierung der Forschungsinhalte. Die Untersuchung des Materials erfolgt aus Sicht der Musikwissenschaft und befasst sich daher in erster Linie mit der Analyse der Filmmusik.
Timur Sijaric wurde 1990 in Sarajewo (SFRJ) geboren. Er studierte klassisches Saxofon und Komposition an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) sowie Musikwissenschaften an der Universität Wien. Seit 2020 ist er Doktorand an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (MDW). Von 2016 bis 2017 war er studentisch-wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Wissenschaft und Forschung der MUK, 2018–2021 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abteilung Musikwissenschaft (vormals Institut für kunst- und musikhistorische Forschungen der ÖAW, jetzt ACDH-CH) am Projekt »Die Wien-Film. Eine Umfassende Analyse des Filmstudios 1938–1945«, Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Stefan Schmidl. Von 2020 bis 2021 war er Projektleiter des Forschungsprojekts »Wien im Kulturfilm. Aspekte der audiovisuellen Inszenierung der Stadt 1938–1958« ebendort. Ab 2020 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei diversen Forschungsprojekten an der MUK, außerdem wirkte er bei Forschungsprojekten zu historischer Filmmusik, zu Audiovisualität sowie Medialität von Musik mit.
»Angeeigneter Mythos, ideologisierte Geschichte. Rembrandt van Rijn und sein medialer ›Geniekult‹«, in: Hans-Michael Bock, Jan Distelmeyer und Jörg Schöning (Hg.), Grenzüberschreitende Licht-Spiele. Deutsch-Niederländische Filmbeziehungen (CineGraph Buch 31), München 2021 (in Vorbereitung); gem. mit Stefan Schmidl (Hg.), Franz Grothe: Die Frau meiner Träume (= Filmmusik in historisch-kritischen Editionen Band 1), Wien, Filmarchiv Austria 2021; gem. mit Stefan Schmidl, »Subversive Obedience. The Film Music of Willi Forst’s Viennese Trilogy«, in: Studia Musicologica Labacensia (Bd. 5), 2021, Laibach, S. 127–143.
Als Folge des »Anschlusses« Österreichs 1938 war die nationalsozialistische Wahrnehmung der »Ostmark« ambivalent und spiegelt sich in der Gründung und Mission des Wien-Film-Konzerns wider. Ähnlich wie bei anderen Kunstvereinen entstand die Wien-Film durch eine Zwangsvereinigung nahezu aller bestehenden österreichischen Filmproduktionsfirmen.