Seit dem Spätmittelalter werden die Versuchungen des heiligen Antonius oftmals als Leseszene visualisiert. In den bildenden Künsten wird Antonius als versunkener, gestörter oder geschändeter Leser dargestellt, der dem Überfall der Dämonen ausgesetzt ist. Jakob Moser fragt ausgehend von diesen Bildern nach dem Verhältnis von Schrift und Versuchung.
Um 1500 taucht in der Antonius-Ikonografie das rätselhafte Motiv lesender Dämonen auf. Insbesondere in der Malerei von Bernardo Parentino, Hieronymus Bosch und seinen Epigonen finden wir diese grotesken Gegenspieler, welche die Lektüre des Heiligen auf diabolische Weise imitieren, parodieren, pervertieren. Obschon es sich bei den lesenden Dämonen um Randfiguren handelt, werfen sie weitreichende Fragen auf, die eine theozentrische Hermeneutik erschüttern: Was und wie lesen Dämonen? Weshalb werden sie von den Heiligen Schriften, die sie eigentlich fürchten und fliehen müssten, magisch angezogen? Repräsentieren ihre Phantasmen bloß äußere Störfaktoren, die die Leser*innen vom wahren Sinn ablenken, oder verkörpern sie ein subversives Potenzial, das im Inneren des biblischen Schriftsinns selbst schlummert? Letztere Möglichkeit wird an Beispielen der hagiografischen, ikonografischen und dämonologischen Tradition, die bis in die Moderne reicht, schlaglichtartig ausgelotet.
Jakob Moser ist Philosoph und Kulturwissenschafter. Er promovierte mit einer Dissertation über Lukrez und verfasste ein Buch über Descartes. Er ist Postdoc-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Universität Wien. Er studierte und forschte in Innsbruck, Lecce, Wien, Konstanz, Berkeley und Florenz. Derzeit ist er IFK_Research Fellow.
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