„Zur Sicherung der deutschen Heimat gegen Seucheneinschleppung und zur Aussonderung ungeeigneter Arbeitskräfte werden sämtliche Transporte vor Erreichen des Zielortes im Grenzgebiet nochmals ärztlich untersucht und entlaust.“ (Fritz Sauckel, 1942). Eva Hallama unterzieht diese Praxis im NS-Zwangsarbeitseinsatz einer kulturwissenschaftlichen Analyse.
Nach der Zwangsrekrutierung zum Arbeitseinsatz durch das NS-Regime wurden Männer, Frauen und Jugendliche aus Osteuropa millionenfach ins Deutsche Reich deportiert. Die ersten Haltestationen dieser Transporte lagen noch innerhalb der besetzten Länder: In sogenannten „Grenzentlausungslagern“ wurden die ZwangsarbeiterInnen von „Ärztekommissionen“ auf Arbeitstauglichkeit und Infektionsgefahr inspiziert, ihre Kleider und Dinge einer Entwesung und Desinfektion, ihre Körper einer Entlausung und „Reinigung“ zugeführt. Der restlosen Beseitigung der Laus als Überträgerin des Fleckfiebers galt dabei besondere Aufmerksamkeit. Auch organisierte die Entlausungspraxis die Lager wie Schleusen, die von einer „unreinen“ in die „reine Seite“ überführten. Eva Hallama fragt nach den in den Lagern praktizierten „Kulturen des Übersetzens“ von „fremdvölkischen“ Menschenmassen in das „eigene“ Land. Am Beispiel der verschiedenartigen Grenzübertritte in diesen Lagern werden Konzepte von Unordnung und Unreinheit, Infektion und Fremdheit sowie Beschämung und Stigmatisierung diskutiert.
Eva Hallama studierte Geschichte und Russisch an den Universitäten Wien und Sankt Petersburg. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitete sie in historischen Forschungs- und Archivierungsprojekten an der Universität Wien und in der Österreichischen Mediathek. Seit März 2016 ist sie Doktorandin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und derzeit ÖAW/IFK_Junior Fellow.
Ort: IFK
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