Zwischen den beiden Weltkriegen bot sich Neapel für Naturwissenschafter und Philosophen wie kaum ein zweiter Ort an, um dort, in dieser porösen Stadt direkt am Mittelmeer, über das Verhältnis von Lebensformen und ihren Umgebungen nachzudenken.
Im Sommer 1925 trafen sich Walter Benjamin, Siegfried Kracauer, Theodor W. Adorno, Alfred Sohn-Rethel und Ernst Bloch in der süditalienischen Metropole. Nach der gescheiterten Revolution stellte sie sich diesen marxistischen Philosophen als ein Milieu dar, in dem sich die moderne Klassengesellschaft noch nicht ausgeprägt zu haben schien und war daher besonders interessant für die Philosophen, um Überlegungen zur Beziehung des menschlichen Subjekts und seinen Lebensbedingungen anzustellen. Der Wirkung und Reichweite von Umgebungen und Lebensräumen widmete sich zeitgleich auch eine andere Gruppe Neapel-Reisender: Seit Gründung der Stazione Zoologica war die Stadt zum Anziehungspunkt für Biologen aus aller Welt geworden, die am Golf ideale Voraussetzungen zur Erforschung ökologischer Relationen vorfanden. Wie verhält sich nun aber dieses biologische Wissen zu jenem gesellschaftskritischen? Welche Vorstellungen von Lebensformen sind darin jeweils enthalten, welches Verständnis von Natur und Gesellschaft wird damit aufgerufen?
Christina Wessely studierte Geschichte und Germanistik in Wien und Berlin. Nach ihrer Promotion war sie am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, am Department of the History of Science der Harvard University, an der Universität Wien sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin tätig, wo sie 2014 auch habilitiert wurde. Seit 2014 ist sie Professorin für Kulturgeschichte des Wissens an der Leuphana Universität Lüneburg und derzeit IFK_Senior Fellow.
Publikationen (u. a.): gem. mit Florian Huber (Hg.), Milieu. Umgebungen des Lebendigen in der Moderne, Paderborn, München 2017; Welteis. Eine wahre Geschichte, Berlin 2013; Künstliche Tiere. Zoologische Gärten und urbane Moderne, Berlin 2008.
Ort: IFK
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